Margrit Tröhler über «Wachtmeister Studer»

Obwohl Friedrich Glausers Wachtmeister Studer in dem gleichnamigen Roman von 1936 sicher subversiver ist als Leopold Lindtbergs Studer, hat der Film mit Heinrich Gretler in der Hauptrolle eine Figur geschaffen, die bis heute im kollektiven Gedächtnis verankert ist. Mit seiner massigen physischen Präsenz, seiner bärbeissigen Bedachtheit und seinem Sinn für Gerechtigkeit steht Gretler als Schauspieler und mit seinen Rollen für schweizerische Werte in den Filmen der Geistigen Landesverteidigung. Schon durch die «Grenzkollerszene» in « Füsilier Wipf»  (Leopold Lindtberg, Hermann Haller, 1938) war Gretler zu einer Art Gewissen der Nation geworden; dieses Image wird mit «Wachtmeister Studer» gefestigt und in den Filmen der Kriegsjahre bis weit über den «Alpöhi» in den Heidi-Filmen der 50er hinaus immer wieder variiert.

Für Generationen von Zuschauer*innen ist er der väterliche Wachtmeister, der auch in späteren Filmen für Freiheit und Gleichheit im Zeichen der Demokratie eintritt und sich für die sozial Schwachen engagiert. Eher stur und eigenbrötlerisch als widerständig wendet er sich auch mal gegen die Obrigkeit, wenn er die Menschlichkeit über das Gesetz stellt. Der Film bettet die Figur Studers in eine detailreich gestaltete dörfliche Umgebung ein, in der Spiessigkeit und Intertoleranz vorherrschen und zu der er charakterlich in Kontrast steht. Unvergesslich ist ebenfalls die Montage des Bewegungswirbels in der Unfallszene, mit der sich Lindtberg an die filmische Moderne der 1920er Jahre anlehnt.

Die Bewohner Gerzensteins sind entsetzt, ein Unbehagen liegt über dem Dorf und der ganzen Gegend. Im Dickicht des nahe gelegenen Waldes liegt Wendelin Witschis Leiche. Kopfschuss ist die Todesursache. War es Totschlag, Mord oder Selbstmord? Wachtmeister Studer übernimmt die Untersuchung. Schlicht grandios wurde er von Heinrich Gretler verkörpert: Ein Mann von spiesserhaftem Aussehen, rauh und ungehobelt im Äusseren und doch mitfühlend im Inneren.