Cristina Trezzini über «Cleveland versus Wall Street»

Real oder fiktiv? Es braucht schon einigen Mut und viel Fantasie, um nach Cleveland zu reisen und einen Grossprozess zu inszenieren, der nach unzähligen Verschiebung nie stattgefunden hat. Ein Prozess gegen den Kapitalismus, der ein enorm breites Echo gefunden hätte, schon nur wegen der Hauptstarsteller: Klägerin ist die Stadt Cleverland, angeklagt sind 21 Banken.

Ein ungleicher Kampf zwischen David und Goliath, der durch die Subprime-Krise ausgelöst wurde, die 20‘000 Familien obdachlos machte, weil ihre Häuser zwangsgeräumt wurden. Eine zerstörte Stadt versucht, Gerechtigkeit zu erlangen, indem sie sich gegen die Wall Street auflehnt.

In einem realen Gerichtssaal verleiht Jean-Stéphane Bron der Sammelklage eine Stimme, indem er die wahren Hauptpersonen zu Wort kommen lässt (es gibt keine Schauspieler, jeder spielt sich selbst und spricht frei heraus): Familien, die aus ihren Häusern vertrieben wurden, Rechtsanwälte, Broker, Zeugen, ein echter Richter, eine echte Jury.

Ein bitteres dunkles Märchen über den Kapitalismus, sehr wirkungsvoll und überzeugend wie ein Legal Thriller, jedoch ohne Happy End.

Am 11. Januar 2008 klagt die Stadt Cleveland gegen 21 Banken, die sie für die verheerenden Auswüchse der Immobilienkrise verantwortlich macht. Doch Wall Street verhindert die Eröffnung des Prozesses. Der Dokumentarfilm erzählt die Geschichte eines Gerichtsverfahrens, das hätte stattfinden müssen. Es ist ein fiktiver Prozess, doch die Protagonisten, Beweise und Zeugenaussagen sind real.