«The Written Face»

Der im Herbst 1994 auf den Inseln Kyushu und Shikoku, in Osaka und im Hafen von Tokio gedrehte Film ist der dritte Dokumentarfilm von Daniel Schmid (nach «Notre Dame de la Croisette», 1981, und «Il Bacio di Tosca», 1984): Er versucht, die Situation der Schauspieler des «Kabuki»-Theaters im heutigen Japan zu erfassen, das sie nach und nach vergisst. Die traditionelle Form des japanischen Theaters, das «Kabuki» (die Kunst von Gesang und Tanz), erlebte durch die Gewalttätigkeit seiner Geschichten sowie die Pracht seiner Bühnenbilder und seiner Schminkkunst seit Beginn des 18. Jahrhunderts einen skandalösen Erfolg, der aus moralischen Gründen zu seiner Verbannung in die Vergnügungsviertel führte.

Ebenfalls aus Gründen des Anstands werden Frauenrollen dabei traditionell von Männern gespielt. Anders als im Westen jedoch ahmt der männliche Darsteller von Frauenfiguren (Onnagata) diese nicht nach, sondern «bedeutet» sie, wodurch der aussergewöhnliche Eindruck einer im wahrsten Sinne des Wortes theatralischen Darstellung entsteht.

Der in vier Teile gegliederte Film «The Written Face» fängt mit einem vollendeten Sinn die Entwicklungen - auf der Bühne und hinter den Kulissen - dieser verschwindenden Tänzer ein, die zu einer ewigen Jugend verurteilt sind, obwohl ihre Zeit vergeht.